Für die 3SAT Doku “Solo-Sex. Von Menschen und Tieren, die masturbieren” haben wir 30 Tage lang mit insgesamt 16 Frauen mit körperlicher Selbstliebe, vor allem mit dem Pulsator und zum Thema “vaginale Sensibilisierung” geforscht. Hier ein Auszug aus dem Forschungsbericht von Sandra, einer Teilnehmenden.
“Ich bin nicht so gut darin, etwas 4 Wochen lang kontinuierlich durchzuhalten. Das Leben lockt mit immer neuen Versuchungen und ich gehe denen gerne nach – darum bin ich zunächst mal stolz auf mich, dass ich die Herausforderung angenommen und bewältigt habe.
Es gab Zeiten, in denen ich euphorisch war und Zeiten, in denen ich keine Lust auf Lust hatte – das habe ich vorher nicht erwartet.
Mein körperlicher Fokus lag von Anfang an darauf, Entspannung zusammen mit Lust zu erforschen. Mit diesem Thema bin ich beschäftigt, seit ich von der Existenz von sogenannten „Talorgasmen“ erfahren und sie erlebt habe. Ich kann so viel mehr spüren, wenn ich entspannt bin.
Meine „Hilfsmittel“ dabei sind vor allem meine Atmung und meine Stimme. Dazu kommt Bewegung, in erster Linie im Becken: schaukeln, kreisen, recken, loslassen.
Ich habe mich anfangs entschieden mit dem Pulsator zu forschen, den ich zwar schon besessen habe, der aber relativ unbenutzt meist im hinteren Teil der Schublade lag.
In meinen vier Wochen hat sich mein körperliches, wie auch mein bewusstes Verhältnis zu meinem Genital verändert. Körperlich bin ich über die Wochen pragmatischer geworden und war erstaunt, wie gut Gleitgel hilft, den Pulsator aufzunehmen und zu umschließen. Das hat mir dabei geholfen, eher auf den muskulären Effekt achten zu können und den fand ich häufig sehr angenehm und entspannend. Dabei hat sich mein Bild meines Innenraums verändert und es war mir im Alltag deutlich präsenter. Es gab Farben, die ich damit assoziiert habe, Texturen, Räume und er, oder vielleicht besser sie, ist immer wieder im Alltag in meiner Atmung präsent.
Ich fand die Unterscheidung zwischen Lust und Erregung sehr interessant und Augen öffnend. Auch in diesen Dimensionen hat sich etwas in den letzten 4 Wochen für mich verändert. Anfangs lag mein Fokus mehr auf Erregung und im Laufe der Zeit wurde die Lust und der Genuss immer wichtiger.
Mir hat auf jeden Fall das Commitment mit mir und der Gruppe sehr gut getan. Der offene Austausch war sehr wichtig für mich und absolut wohltuend, denn die Erlebnisse und Themen, die sich dort gezeigt haben, sind total vielfältig. Jede beginnt von einem anderen Punkt.
Die Regelmäßigkeit der Selbstliebepraxis hilft mir, meinen Körper immer besser kennenzulernen und damit die Basis zu schaffen, auch beim Partnersex besser zu wissen und kommunizieren zu können, was sich für mich gut und lustvoll anfühlt.
Und körperliche Selbstliebe kann so viel mehr sein, als ich dachte: Energiequelle beispielsweise oder auch ein gutes Tool, um zu mir zu kommen und Präsenz im Augenblick zu üben.
Mein genitaler Innenraum ist pulsierender, lebendiger und präsenter während der 4 Wochen geworden. Durch die regelmäßige Aktivierung hat mein Beckenboden mehr Raum bekommen. Er fühlt sich autonomer, elastischer, lustvoller an und wird schneller spürbar und aktiv.
Für mich hat es auch nochmal ein erweitertes Verständnis meiner eigenen Weiblichkeit gefördert. Das Wahrnehmen meines Genitals als aktiven und eigenständigen Körperteil, der sowohl aktiv als auch passiv sein kann, ist mir bewusster geworden.
Ich habe auch in meiner Persönlichkeit eine Entwicklung wahrgenommen: Ich bin klarer geworden, selbstbewusster und direkter. Ich bemühe mich, meine Wünsche genauer zu erforschen und dementsprechend zu handeln. Möglichst nur noch das tun, was für mich ganz individuell stimmt. Und ich bin vielfältig, detailfreudig, gebe mich nicht schnell zufrieden und möchte wachsen. Mich frei fühlen.
Ich möchte etwas dazu beisteuern diesen Erlebnisraum mehr Frauen zugänglich zu machen: Körperliche Selbstliebe zu entschämen. Das ist der Grund, warum ich über meine Erfahrungen spreche bzw. schreibe.”