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Anna hat in Tom die große Liebe gefunden. Er ist der Mann, bei dem für sie alles stimmt. Schon als sie ihn das erste Mal sah, fühlte sie sich von ihm angezogen. Sie mag sein Lächeln, seine warme Stimme, sein liebevolles Wesen, aber vor allem riecht er so gut. In seiner Nähe fühlt sie sich einfach wohl. Die beiden sind seit drei Jahren zusammen, verstehen sich richtig gut und beschließen eine Familie zu gründen. Alles passt wunderbar – bis Anna die Pille absetzt.

Plötzlich zieht es sie nicht mehr in Toms Nähe. Sie hat keine Lust mehr auf Sex mit ihm. Dabei verstehen sie sich weiterhin gut, führen tolle Gespräche. Sie hat nur das Gefühl, dass die körperliche Anziehung verloren gegangen ist, dass sie ihn wortwörtlich nicht mehr riechen kann. Gleichzeitig geht es ihr seit dem Absetzen der Pille körperlich so gut wie lange nicht. Sie hat mehr Energie und verspürt mehr Lust. Eben nur nicht auf ihn. Anna versteht das nicht und sie beginnt die Beziehung in Frage zu stellen.

Tatsächlich gibt es Frauen, die ähnliche Erfahrungen wie Anna machen, wenn sie die Pille absetzen. Hormone können unsere Partner*innenwahl beeinflussen. Denn biologisch bedingt suchen wir unsere Partner*innen auch danach aus, welche MHC-Moleküle sie über den Körperduft (Pheromone) transportieren. Diese sollten möglichst verschieden zu unseren sein, weil MHC-Moleküle unser Immunsystem definieren, indem sie körpereigene von -fremden Zellen unterscheiden. Und je mehr unterschiedliche Moleküle unsere Kinder haben, umso mehr Möglichkeiten haben sie schädliche Viren, Bakterien, et cetera zu bekämpfen; das heißt, ihr Immunsystem ist resilienter.
Wenn Frauen die Pille absetzen, wird der natürliche Zyklus wieder angeschaltet, was unser Hormonsystem beeinflusst. In jeder Phase dominieren andere Hormone. Dadurch verändert sich der eigene Körpergeruch und der von anderen Menschen wird anders wahrgenommen. Das wiederum hat Auswirkungen darauf, wen wir attraktiv finden und wie attraktiv wir auf jemanden wirken.
Schließlich kommt dazu, dass das Progesteron neben dem Testosteron auch Einfluss auf die Psyche hat. Wenn die Pille die Produktion dieser Hormone unterdrückt, kann es sein, dass sich Frauen unsicherer und anhänglicher fühlen. Beim Absetzen der Pille kann das wieder umschlagen und sie fühlen sich mutiger, unabhängiger und unternehmenslustiger. Da die Einnahme der Pille zudem oft damit einhergeht, dass Frauen weniger Lust auf Sex haben, kann das Absetzen zu einem Anstieg der Lust führen. Derartige Veränderungen in Wahrnehmung, Empfinden und Verhalten können, wie im zu Beginn beschriebenen Beispiel bei Anna, auch Auswirkungen auf eine Beziehung haben und zur Belastung werden. Über die Tragweite solcher Nebenwirkungen und Folgen der Pilleneinnahme wird oft nicht genügend aufgeklärt und gesprochen.

Natürlich bringt die Pille auch Vorteile mit sich. Als diese in den 1960er Jahren auf den Markt kam, ermöglichte sie Frauen sexuelle Freiheit. Sie war eine große Errungenschaft und oft das beliebteste Verhütungsmittel (bis Aids aufkam und das Kondom populärer machte). Damals konnten allerdings auch noch starke Nebenwirkungen auftreten, von denen die Frauen nichts wussten: Angefangen bei Symptomen wie Blutungsstörungen, Kopfschmerzen oder Gewichtszunahme bis hin zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Thrombosen, Brust- oder Gebärmutterkrebs.
Mittlerweile gibt es zum Glück Präparate, die so niedrig dosiert sind, dass Menschen damit gut zurechtkommen und keine Nebenwirkungen wahrnehmen. Tatsächlich gibt es sogar erwünschte Nebenwirkungen: So kann die Pille auch Menstruationsbeschwerden, insbesondere Unterleibsschmerzen, und Hautprobleme wie Akne verringern.
Doch nicht jede Frau macht diese Erfahrungen: Viele Frauen spüren durch künstliche Hormone eher nachteilige Veränderungen ihres Körpers. Und es ist empfehlenswert dies genau zu beobachten, sich die Vor- und Nachteile bewusst zu machen und sich über alternative Methoden wie die der natürlichen Verhütung zu informieren, um abzuwägen, was der beste Weg für einen selbst ist. Ohne Frage ist es eine schwierige Entscheidung, die eigene Freiheit mit den möglichen körperlichen Folgen abzuwägen! Und noch immer liegt die Verantwortung für das Thema Verhütung leider viel zu oft auf den Schultern der Frauen.

Ähnliches gilt für die „Pille danach“. In einer Notsituation kann diese eine segensreiche Erfindung sein. Aber auch die „Pille danach“ sollte sehr bewusst eingesetzt werden, denn sie stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Hormonsystem dar. Die darin erhöhte Konzentration des Hormons Progesteron entspricht der von zehn Antibabypillen. Das soll den Eisprung oder zu einem späteren Zeitpunkt die Befruchtung und die Einnistung in die Gebärmutter verhindern. Dass es diese Möglichkeit gibt, sollte also nicht dazu führen, sich auf Sex ohne Verhütung einzulassen. Die „Pille danach“ sollte dem Notfall vorbehalten bleiben und nicht zur Regel werden!

Und dann sind da noch die Hormone, die in den Wechseljahren eingenommen werden. Rund um die Menopause verändert sich unser Hormonsystem. Das kann unsere Lebensqualität beeinflussen (siehe auch Exkursion „Sexualität in jedem Alter“). Die Hormontabletten, die Frauen bisher verschrieben wurden, waren chemisch hergestellte hormonähnliche Produkte und hatten meist starke Nebenwirkungen. Daher wird damit heute berechtigterweise in der Medizin sehr vorsichtig umgegangen. In den letzten Jahren hat sich in diesem Bereich jedoch viel getan und es entstand die bioidentische Hormontherapie mit Hormonen auf pflanzlicher Basis, die von ihrer Struktur her den körpereigenen Hormonen der Frau sehr ähneln und daher vom Körper sehr gut aufgenommen werden. Diese Hormontherapie scheint nach heutigem Wissen ohne Nebenwirkungen zu sein.

Auch andere Substanzen können unser Hormon- und Nervensystem beeinflussen. Anti-Depressiva beispielsweise wirken sich oft nachteilig auf die Sexualität aus, weil sie Erregung hemmen und die Lust dämpfen. Dasselbe trifft auf Schmerzmittel oder Medikamente gegen Allergien oder hohen Blutdruck zu. Viele Menschen wissen dies jedoch nicht, da sie von ihren Ärzt*innen oder Apotheker*innen zu wenig darüber aufgeklärt werden.

Andere Pillen wiederum werden bewusst für eine lustvollere Sexualität genutzt. Viele Menschen nehmen Drogen, wenn sie Sex haben wollen, weil sie denken, dass diese anregend und luststeigernd wirken, allen voran Alkohol und Cannabis. Tatsächlich dämpfen sie Angst und euphorisieren. Im leichten Rausch fühlen wir uns freier und ungehemmter. Das ist allerdings oft nur ein kurzfristiger Effekt. Ab einer gewissen Dosierung oder bei regelmäßigem Gebrauch tritt dann das Gegenteil ein. Bei Alkohol zum Beispiel nimmt die dämpfende Wirkung weiter zu. Das kann zu Störungen der Erregung, der Erektion und der Ejakulation führen.
Auch die „Liebesdroge“ Ecstasy führt bei regelmäßiger Einnahme zu neurologischen Störungen und daher zur Lustlosigkeit.

Eine „Zauberpille“ gibt es nicht. Wir tun also gut daran, sorgfältig zu entscheiden und den eigenen Körper zu befragen, was ihm bekommt. Auf jeden Fall möchten wir dich einladen die Möglichkeiten, die dein Körper hat, zu erforschen und auszuschöpfen. Du hast zum Beispiel über die Ernährung, Bewegung, Atmung und Berührung auch viele eigene Mittel, um Einfluss zu nehmen auf dein Nerven- und Hormonsystem. Es lohnt sich das zu erforschen!