Ein Plädoyer für eine pornopositive Gesellschaft
Mit ihrem Buch „Pornopositiv“, das letztes Jahr erschien, hat Paulita Pappel meinen Porno-Horizont erweitert und so einige meiner bisherigen Vorurteile in Frage gestellt.
Und wenn sich ein Mensch mit dem Porno-Business auskennt, dann Paulita. Sie ist Pornodarstellerin, -regisseurin, -produzentin und Intimitätskoordinatorin. Sie leitet zwei Pornoplattformen und ist Ko-Kuratorin und Ko-Organisatorin des Pornfilmfestivals Berlin.
Über ihr Buch schreibt sie: „Dieses Buch ist eine wahre Geschichte über meinen eigenen sexuellen Weg und über Sex vor und hinter den Pornokulissen. Es ist ein Plädoyer für sexuelle Selbstbestimmung und eine Ressource, um die Welt sexuell freier zu gestalten.“
Dafür braucht es ihrer Meinung nach eine „differenzierte öffentliche Debatte“ über Pornos. Sie findet es wichtig „pornopositiv“ zu sein und definiert das folgendermaßen:
„Pornopositiv heißt, auf einer gesellschaftlichen sowie persönlichen Ebene die Scham und die Angst gegenüber expliziter Sexualität abzulegen, die Vielfalt von Körpern, Sexualitäten und Sexualpraktiken anzuerkennen und die Darstellung davon in all ihrer Diversität zu fördern, Fantasien als gesunden Teil der menschlichen Sexualität zu verstehen und für Aufklärung zu sorgen. Und dabei die sexuelle Selbstbestimmung als Menschenrecht zu definieren und zu schützen und Einvernehmlichkeit als unabdingbaren Grundsatz zu etablieren.“
Sie schreibt über Scham, Erotik und Wiederaneignung des eigenen Körpers, sowie über sexualisierte Gewalt, Ethik und Konsens.
Was mich an Paulitas Ansatz unter anderem begeistert, ist die Idee Pornos aus der Schmuddel- und Heimlichkeitsecke herauszuholen und sie für Aufklärung zu nutzen. Gerade bei jungen Menschen, die ja sowieso mehr über das Internet lernen als über irgendetwas anderes, ist das eine wunderbare Gelegenheit! Warum nicht altersgerecht Pornos für sie so gestalten, dass sie darüber ein positives Bild von Sexualität bekommen und sich trauen ihre eigenen Wünsche zu erforschen?! Aufklärung über Anatomie und Diversität von Körpern und Genitalien, über Mythen, Konsens, Safer Sex und anderes könnte dabei eine Rolle spielen. Und auch im Sexualkundeunterricht sollte über Pornographie gesprochen werden und darüber, dass Porno nicht gleich Porno ist!
Paulita Pappel will Porno neu definieren. Für sie setzt Pornografie Einvernehmen voraus. „Denn alles, was nicht im gegenseitigen Einverständnis stattfindet, ist keine Pornografie, sondern eine Straftat.“ Und es ist spannend, was sie über ihre Arbeit als Intimitätskoordinatorin berichtet. Zum Beispiel wird sich beim Bodymapping jede*r Darsteller*in aller Körperbereiche bewusst, indem er/sie sich berührt und die eigenen Vorlieben und Grenzen kommuniziert. Davon könnten sich viele Menschen für ihr privates Sexleben einiges abschauen.
Wir sollten damit aufhören „Pornos zum Sündenbock für Sexismus zu machen“, meint Paulita. Als Frau Pornos zu drehen, ist für sie revolutionär. „Pornos zu drehen unterwandert die Logik, die Frauen immer als potenzielle Opfer einer männlichen Sexualität ansieht. In einer patriarchalen Vergewaltigungskultur wird Frauen ein aus ihnen selbst kommender Sexulatrieb abgesprochen. … Revolutionär ist es, das umgekehrt zu denken: Anstatt uns zum Schutz zu verstecken, zeigen wir uns in unserer Sexualität, wir leben sie aus. … Wir sind nicht sexuell verfügbar, wir sind sexuell selbstbestimmt.“
Weiter so, Paulita! Wir wollen noch viele Pornos von dir sehen!