Konsens ist sexy

Konsens ist sexy

 

Nadine Primo, freie Autorin, Speakerin und Bloggerin, vor allem zu den Themen Bisexualität, Diversität, weibliche Lust und mentale Gesundheit, hat ein Buch zum Konsens geschrieben. Es heißt „Konsens ist sexy. Von persönlichen Grenzen und weiblicher Lust“.
Es ist ein sehr persönliches Buch geworden und damit auch sehr mutig und so vehement, wie es dieses Thema braucht.

Sie beginnt nämlich über ihre Kindheit und die Rolle der Ursprungsfamilie in ihrem Leben zu schreiben. Dabei hat mich vor allem berührt, wie sie viele Jahre unter der Ignoranz und fehlenden Sorgfalt von Ärzten leiden musste, die nicht erkannten, dass sie eine Rippe zu viel hatte, die ihr zunehmend große Schmerzen bereitete.
„Als Andenken an die sechs Jahre habe ich, neben einer Fehlhaltung … und einem Loch im Brustkorb … das Gefühl behalten, dass ich meine negativen Gefühle besonders energisch und laut kommunizieren muss, weil mir eventuell nicht geglaubt werden könnte.“
Eine Form von Medical Gaslighting: „Es hat insgesamt sechs Jahre gedauert, bis ich operiert und von den täglichen Schmerzen erlöst wurde. Bis dahin wurde meine Wahrnehmung immer wieder verzerrt, mir mein Leid abgesprochen; meine Symptome nicht ernst genommen … Das hat Spuren hinterlassen, tiefe Spuren.“

Im medizinischen Kontext, in Bezug auf ihren Körper, hat sie also leider schon als Kind keinen Konsens erfahren. Sie wurde nicht ernst genommen, ihre Grenzen oft nicht geachtet.

Sie schreibt auch über das Helfersyndrom als eine Art von Kompensation: „Die eigene Hilfsbedürftigkeit und die eigenen Schwächen werden verleugnet sowie Gegenseitigkeit und Intimität in Beziehungen vermieden.“ Eine, wie ich finde, treffende Beschreibung.

Als Erwachsene versteht sie dann, wie sie außerdem von patriarchalen, sexistischen und heteronormativen Strukturen geprägt ist. „Aus diesen Mustern und Strukturen muss Mensch sich erst einmal befreien. Der Schwerpunkt meiner Arbeit verlagerte sich: Konsens, weibliche Lust und ihre Grenzen, sexuelle Selbstbestimmtheit und gleiche Rechte für alle Geschlechter standen fortan und stehen nach wie vor bei mir im Fokus. Das Ziel: selbstbestimmt(e) weibliche Lust leben.“

Und warum das Thema Konsens gerade für die weibliche Sexualität so wichtig ist, erklärt sie so: „Das Thema weibliche Lust wurde immer wichtiger für mich, auch in meiner Arbeit als Autorin, denn ich begriff, dass hier weiterhin viel Unkenntnis und gefährliches Halbwissen in den Köpfen vorherrschen. Noch immer taucht weibliche Lust meistens im Kontext männlicher Lust auf und ist dafür da, ebendiese zu befriedigen, statt die eigene in den Vordergrund zu stellen. Aufgrund dessen kommt es immer wieder zu Erwartungshaltungen gegenüber Frauen, die zu grenzüberschreitenden Situationen führen können – wenn im Vorhinein kein Konsens eingeholt wird.“

In ihrem Buch erzählt sie von ihren eigenen Beziehungen und bringt Beispiele anderer. Es geht um Bisexualität und alternative Beziehungsmodelle und sie setzt sich auseinander mit sozialen Medien, Mainstream-Porno und Online-Dating. Vor allem geht es dabei immer wieder um die Schwierigkeit Grenzen zu setzen und Bedürfnisse zu kommunizieren, wenn wir uns Abhängigkeitsverhältnisse nicht bewusst machen.

Über ihre Bisexualität schreibt sie: „Auch wenn es lange Zeit eine Herausforderung für mich war, bisexuell zu sein, so ist es jetzt nur noch eins: ein Geschenk. Das Geschenk, auf alle Geschlechter zu stehen und allein dadurch mehr Diversität zu (er-)leben. … Ich verliebe mich in Menschen, nicht in Geschlechtsteile.“

Was Nadine Primo an eigenen persönlichen Erfahrungen schildert, ist immer wieder heftig, immer wieder geht es ums Scheitern, besonders zum Ende des Buchs, wenn es um die Beziehung mit einem depressiven Partner geht. Aber letztendlich geht es ihr nicht darum schwarz zu sehen: „Wahrscheinlich ist es das, was ich am Ende eigentlich sagen will: Achtet mehr aufeinander, redet miteinander statt aneinander vorbei und versucht, andere Menschen wirklich zu verstehen. Selbst eine demokratische Gesellschaft kann erst dann wirklich frei sein, wenn Diversität auf Augenhöhe gelebt wird. Nur das würde Freiheit für jede*n Einzelne*n bedeuten.

Ja, unbedingt! Vielen Dank für dieses wichtige Buch, Nadine Primo

Ist das normal?

Ist das normal - Melanie Büttner
Ist das normal?

 

Das Buch „Ist das normal?“ mit dem Untertitel „Sprechen wir über Sex, wie du ihn willst“ von Melanie Büttner, Alina Schadwinkel und Sven Stockrahm ist aus dem Sexpodcast auf ZEIT ONLINE mit dem gleichen Namen entstanden: eine Art Sprechstunde, bei der Menschen fragen zu Sex stellen können.

Dabei geht es um Fragen wie: Wer bin ich? Wer will ich sein? Was ist für mich guter Sex? Mit wem will ich Sex haben?. Es geht um Pornos und Phantasien, um Slow Sex und Sinnlichkeit, um BDSM und Fetisch, um sexuelle Identität und Orientierung.
Es geht um den Körper, um Anatomie, um Schönheit und Vielfalt, auch um Operationen und Piercings, Safer Sex und Krankheiten.

Schön, dass hier nicht nur die Vulva/Vagina/Klitoris und der Penis, sondern auch der Anus und der Aufbau des Beckenbodens vorgestellt wird. Nicht so schön, dass bei der Zeichnung des Beckenbodens wieder die KLEINEN und GROßEN SCHAMlippen auftauchen, die bei der Vulva Zeichnung INNERE und ÄUßERE VULVAlippen heißen, wie es eigentlich sein sollte!

Und es geht um Kommunikation beim Sex, Beziehungsdynamik und um Seitensprünge, Monogamie oder nicht, Dating-Apps und Online-Sex bis hin zu Problemen beim Sex, wie Erregungs- oder Orgasmusstörungen, fehlende Erektionen oder vorzeitige Ejakulation. Für diese werden hier verschiedene Gründe angeführt: vom Stress über den Einfluss von Pornos oder Drogen, bis hin zu körperlichen oder psychischen Problemen.

Das Buch endet mit dem Thema sexueller Gewalt und einer Liste von Therapie- und Beratungsstellen.

Ein sehr vielfältiges und umfassendes Buch also zum Thema Sexualität, das viele wertvolle Impulse und Hilfestellungen gibt (z.B. eine Liste mit 8 Zutaten für großartigen Sex, die sehr treffend ist). Und es gibt nur weniges, mit dem ich nicht einverstanden bin (z.B. mit dem Umgang mit Phantasien).

Letztendlich wollen die Autor*innen vor allem vermitteln, dass es „in der Sexualität nicht darum geht normal zu sein oder normal zu werden, sich einem Standard anzupassen. Es geht darum, zu finden, was einem selbst gefällt. Die eigenen Sehnsüchte ernst zu nehmen, sich zu fragen: Womit habe ich Spaß, was macht mich lebendig? Und sich von dem zu verabschieden, was uns überall vorgeturnt wird.“ Und das gelingt ihnen sehr gut!

Untenrum frei

Untenrum frei Margarete Stokowski
Untenrum frei

 

„Wir können nicht untenrum frei sein, wenn wir es obenrum nicht sind, und umgekehrt. Das „Untenrum“ ist der Sex und das „Obenrum“ unser Verständnis von uns selbst und den anderen – und beides gehört zusammen…“

Wenn wir über Feminismus nachdenken, kommen wir an Magarete Stokowski nicht vorbei. Ihr Buch „Untenrum Frei“ gehört ganz sicher zum Kanon der Bücher, die wir mal gelesen haben sollten.
Was hat sie zum Feminismus gebracht? Zuerst „die Erkenntnis, dass guter Sex nichts damit zu tun hat, dass man ein Skript nachspielt, bis der oder die andere kommt; dann die Feststellung, dass Vielfalt etwas Bereicherndes ist …“

Sehr offen schreibt sie über die Zeiten ihrer Kindheit und Jugend, wo sie das noch nicht wusste und über die Entwicklung ihres Bewusstseins und streift dabei die Bereiche, die noch so sehr im Argen liegen, selbst wenn da sicherlich schon einiges an Entwicklung passiert ist: Aufklärung im Alltag und in der Schule, die Rolle der Frau in den Medien als „Symbol für Sex schlechthin“, Sexismus in der Gesellschaft.
Im Vorwort ihres Buchs kündigt sie an:

„Um Selbstbestimmung wird es viel gehen. Denn Feminismus ist keine Bewegung, die alte Zwänge durch neue Zwänge ersetzen will oder alte Tabus durch neue. Es ist ein Kampf gegen Zwänge und für mehr freie, eigene Entscheidungen.“
Sie schreibt über die Zwänge der sexuellen Revolution und dass das nicht viel mit der Selbstbestimmung von Frauen zu tun hatte. Und natürlich thematisiert sie auch Gewalt und wie wichtig es ist darüber zu sprechen, wie Veränderungen passieren und ein Weg in die Selbstbestimmung aussehen kann.
„Indem wir öffentlich sprechen, machen wir uns nicht zu Opfern, im Gegenteil: wir ent-opfern uns. … Es ist ein Schritt aus der Ohnmacht heraus. Ein Schritt. Es kann nicht der letzte sein. Zu beschreiben, dass man einmal ein Opfer geworden ist, kann nicht der Schritt sein, indem man eine neue Identität annimmt – „die Verwundete“ -, in der man dann verbleibt. Damit würde man sich wieder unfrei machen …“

Tatsächlich scheint es heute ja notwendig den Feminismus zu verteidigen. Das tut sie:
„Wenn du glaubst, dass wir keinen Feminismus mehr brauchen, heißt das, du glaubst, das hier ist der Endzustand?“
Und sie macht immer wieder klar, dass nichts einfach von selbst passiert.
„… auf Dauer bringt weglächeln nichts. Mir ist kein einziger Fall in der Weltgeschichte bekannt, in dem ein schweigendes Lächeln eine Ungerechtigkeit abgeschafft hätte.“

Die einzige Passage, mit der wir so nicht einverstanden sind, ist diese:
„Bei mir stellt sich von Empfehlungen wie „Have orgasms“ ein gewisses Entsetzen ein, was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass wir die Idee, Frauen müssten durch regelmäßige Stimulation bei Laune gehalten werden, um nicht hysterisch zu werden, eigentlich schon gekickt hatten.“
Denn für uns dient natürlich das Ausleben unserer Lust (wir übersetzen „Have orgasms“ einfach mal so frei und nicht orgasmusfixiert) nicht dazu uns bei Laune zu halten oder gar zu besänftigen, sondern es ist eine Möglichkeit uns den Raum zu nehmen, der unserer Lust zusteht, so wild und laut oder sanft und leise zu sein wie wir wollen. Nicht hysterisch und außer uns, sondern ganz in unserer Mitte und in unserer vollen Kraft!

Trans und Sex

Trans und Sex
Trans und Sex

 

Längst überfällig, dieses Buch! Denn Trans*-Sexualität ist immer noch ein Tabu und mit vielen Vorstellungen belegt, die mit der Realität nichts zu tun haben.

Jonas A. Hamm zeigt die große Lücke auf zwischen gesellschaftlicher Realität, wissenschaftlicher Aufarbeitung und persönlicher Erfahrung von gelebter Sexualität. Das realisiert er über eine qualitative Studie mit sechs sorgfältig ausgewählten und reflektierten Personen einer Minderheit, die die sehr konkrete, sexuelle Realität von trans*-Personen zeigt, welche keine genitalangleichende/n Operation/en anstreben.

Unser Kollege Nino Mar Seliz, der sich selbst trans*männlich positioniert, und trans*Menschen darin begleitet ihre Verbindung zum eigenen Körper zu stärken, schreibt darüber:
„Dabei ist meine Erfahrung, dass es besonders unterstützend ist, vor allem die Aspekte der gelingenden Sexualität in den Fokus gestellt zu wissen. … Als lesende Person darf ich den einzelnen Personen in den sexuellen Profilen nahe kommen, darf an ihrer wundervollen Sexualität und an ihren Lern- und Reflektionsprozessen teilhaben. …
In ihren sexuellen Profilen sprechen diese offen über ihr Begehren und ihre Art und Weise Sex zu haben. Sie thematisieren ihre Vorlieben, wie sie mit ihren Genitalien umgehen, Toys verwenden und ihren ganzen Körper einsetzen. Und sie beschreiben wie sie in Kommunikation darüber mit ihren Sexualpartner_Innen sind. Ich bin Jonas A. Hamm sehr dankbar für diese respektvolle und außerordentlich bereichernde Darlegung in Schriftform.
Für die Gesundheitsversorgung aller Menschen wünsche ich mir, dass zukünftig die Perspektive des Gelingens mehr gewichtet wird als die des Nicht-Gelingens und der bislang noch häufig daraus resultierenden, keineswegs hilfreichen Konsequenz von Pathologisierung. Laut Jonas A. Hamm gibt es keine richtige oder falsche Sexualität, keine richtige oder falsche (Trans*-)Identität. Dem stimme ich vollkommen zu: Jede Sexualität ist einzigartig.“

Da können wir nur zustimmen und dieses horizonterweiternde Buch sehr empfehlen!

Vulva Entdecken

Lina die Entdeckerin
Vulva Entdecken

 

Wir freuen uns sehr mal wieder einen kleinen Schatz auf dem Buchmarkt entdeckt zu haben! Gerade erst veröffentlicht; ein Buch, das wir uns für unsere Kinder gewünscht hätten, als sie noch kleiner waren!

„Lina die Entdeckerin“ von Katharina Schönborn-Hotter, Lisa Charlotte Sonnberger und Flo Staffelmayr ist ein wunderbar illustriertes, heiteres Bilderbuch über ein kleines Mädchen, das sich auf die Reise macht ihre Vulvina zu entdecken.

Das Buch ist eine sehr gelungene Mischung aus einer kurzweiligen und phantasievoll bebilderten Geschichte und anschaulich dargestelltem und beschriebenem Wissen rund um Körperbewusstsein, Hygiene, Nacktheit, Behaarung, Anatomie der Vulvina und Menstruation. Auch um Diversität und bewusste Sprache haben sich die AutorInnen bemüht.

Ein Must Have für Kinder bis ca. 12 Jahre und auch darüber hinaus in jedem Alter schön anzuschauen und zu lesen!

Die MacherInnen selbst über ihr Werk: „Sprache schafft Wirklichkeit und gestaltet unsere Realität. Eine genaue und wertfreie Bezeichnung der Geschlechtsteile bietet die Basis für ein positives Körpergefühl und in Folge ein gestärktes Selbstbewusstsein. In diesem Buch steht die Vulva im Rampenlicht, abseits von Unsicherheiten und Tabus, denn das wertfreie Benennen aller Körperteile ist aus unserer Sicht von großer Bedeutung für die Identitätsbildung Heranwachsender.“

Das ist ganz in unserem Sinne! Vielen Dank für dieses Buch! Ein weiterer Meilenstein in der immer noch so notwendigen Aufklärung über die weiblichen Genitalien!

Aufklärung als Comic

Aufklärungsbuch Da Unten
Aufklärung als Comic

 

Alica Läuger hat mit “da unten” einen ganz wundervollen “Aufklärungscomic” geschrieben und gezeichnet.
Der Klappentext ist sehr treffend formuliert: “Das Buch räumt für junge und alte Menschen jeden Geschlechts mit Mythen um sogenannte weibliche Sexualität herum auf. “Da unten” vermittelt nicht nur Information, sondern auch eine Haltung. Vertraue auf deine eigenen Empfindungen und Bedürfnisse!”

Damit ist das Buch trotz der Begegnung mit Vorurteilen was diesen Begriff angeht, selbstgenannt ein feministisches Buch, weil “Wir können doch nicht weiter einfach so tun, als würde es nichts mit weiblich gelesenen Personen machen, dass nie über ihre Sexualität gesprochen wird. … Sogenannte weibliche Sexualität unsichbar zu machen bedeutet auch, Menschen mit Vulvina unsicher zurückzulassen.”
Alica Läuger will also sichtbar machen. Und das gelingt ihr mit einer wunderbaren Leichtigkeit und gleichzeitig einer Klarheit und Vehemenz zu den wichtigsten Themen.

Hier nur ein paar Beispiele:
Wir freuen uns, dass sie die Vulva/Vagina anatomisch korrekt erklärt und auch den Begriff Vulvina verwendet.
Zum Thema Menstruation schreibt sie unter anderem auch über die Verwendung von Menstruationstassen und über das freie Bluten.
Sie widerlegt den Mythos der “Jungfräulichkeit”, schreibt darüber was Sex-Positivität wirklich bedeutet und was die Unterschiede sind zwischen Porno-Sex und “echtem” Sex.
Sie schreibt (juchhu!) auch über Masturbation: “Verrückte Sache, Masturbation. Fast alle machen es, fast niemand spricht darüber.”
Auch die Themen Geschlechtskrankheiten, alle möglichen Arten von Sex und Orgasmen und Konsent fehlen nicht. Und sie endet mit dem Kapitel über das Thema Sex Shaming:
“Schlampe ist eine Beleidigung, die dazu dient, das sexuelle Verhalten von weiblich gelesenen und sozialisierten Menschen zu kontrollieren.”

Also unbedingt ein Buch, das die Welt braucht! Ein Buch, das Spaß macht zu lesen und anzuschauen, das unsere Töchter bereits gelesen haben, aber auch allen erwachsenen Menschen sehr zu empfehlen ist.

Klitoris Anatomie

Klitoris Anatomie

 

Anna Zachary ist Ärztin, Psychoanalytikerin und Feministin und macht sich in diesem Buch auf die Suche nach der Klitoris und ihrer Rolle im psychoanalytischen Diskurs. Denn in der Psychoanalyse wurde viel über die Kastrationsangst, den Penisneid und den Phallus in seinen unterschiedlichen Gestalten geschrieben und diskutiert. Aber wo bleibt die Klitoris, die doch in ihrer biologischen Struktur und Funktion mit dem Penis in den wichtigsten Aspekten identisch ist?!

Diese Gleichwertigkeit der Genitalien belegt sie, indem sie die wissenschaftliche Arbeit von Biologinnen vorstellt. Dabei interessiert sie aber vor allem warum bis heute die Ergebnisse solcher Arbeiten immer wieder verleugnet und fehlinterpretiert wurden:
„Zu beobachten ist beispielsweise eine universale Angst vor dem weiblichen Begehren, die seine rigide Kontrolle erzwingt.“

Aufschlussreich findet sie dazu auch, „dass Freud die weibliche Sexualität als <<dunklen Kontinent>> bezeichnete“ und dass es im öffentlichen Diskurs scheinbar immer wieder um „die verborgenen, geheimen weiblichen Genitalien, die Leidenschaftlichkeit des potentiell unstillbaren und so furchterregenden Verlangens, die Angst vor der enormen Dehnfähigkeit der Vagina unter der Geburt“ geht.

Anna Zachary wandert in ihren Texten auf ihrer Suche nach der Klitoris, ihrer Bedeutung für die weibliche Sexualität und die Stellung der Frau ein wenig durch die Geschichte (der allgemeinen, der psychoanalytischen und der sexualwissenschaftlichen), beschreibt psychische Auswirkungen der Verdrängung der weiblichen Genitalien und Lust und schildert dabei immer wieder Fälle aus ihrer eigenen psychoanalytischen Praxis.

Und wenn auch diese psychoanalytische Sicht recht speziell ist, ist das meiner Meinung nach immer wieder sehr interessant und aufschlussreich. Eine Bereicherung zum Thema der Unterdrückung der weiblichen Sexualität in unserer Geschichte und Gegenwart.

Neuer Feminismus

Die potente Frau
Neuer Feminismus

 

Das Buch „Die potente Frau“ von Svenja Flaßpöhler kommt klein daher mit seinen gerade mal 44 Seiten. Aber in diesen wenigen Seiten ist Großes enthalten.

Es ist die Fortführung eines Feminismus, den Simone de Beauvoir und Judith Butler (auf die sich Svenja Flaßpöhler beide bezieht) begründet haben.
Als Judith Butlers zentrale These zitiert sie: „Wir müssen aufhören weiterhin naiv von „Männern“ und „Frauen“ zu sprechen. Denn solange wir meinen, es gäbe so etwas wie eine natürlich Zweiteilung der Geschlechter, bleiben wir in einer männlichen Logik gefangen.“

Die Metoo Bewegung ist ihr da zu regressiv, hält sich im Nein und in der Passivität auf: „Tatsächlich festigt #metoo ein zutiefst patriarchal geprägtes, von Passivität und Negativität gezeichnetes Frauenbild, anstatt es aufzubrechen.“

Svenja Flaßpöhler zeichnet ein neues Bild der potenten Frau: „Anstatt die männliche Sexualität zu entwerten, wertet sie ihre eigene auf.“

Das ist genau auch unser Denken. Darauf beruht unsere Arbeit. Und somit gibt es einfach nur zu sagen: klare Buchempfehlung!

Beckenboden Training

Buch Pussy Yoga
Beckenboden Training

 

Ein Bewusstsein für unseren Beckenboden und die Fähigkeit die Beckenbodenmuskulatur differenziert bewegen zu können, bereichert die eigene Sexualität nicht nur, sondern ist auch die Basis dafür.
Denn schließlich ist unser Beckenboden nicht nur der Raum für viele wichtige Organe, sondern auch für unsere Vulvina, unsere Kraftquelle.

Es gibt ein paar gute Bücher zu dem Thema, die wir hier vorstellen möchten. Wir beginnen mit dem kleinen, locker geschriebenen Buch „Pussy Yoga“, das es dir leicht machen wird deinen Beckenboden kennenzulernen.

Die Autorin Coco Berlin ist als orientalische Bauchtänzerin in der ganzen Welt unterwegs und hat ihr Leben lang über Physiotherapie, Körperarbeit, Anatomie und Tanztheorie geforscht wie sie ihren Körper noch intensiver spüren und bewegen kann. Dabei hat sie für sich den Beckenboden als Schlüssel entdeckt.

In ihrem Buch findest du viele hübsch illustrierte gut erklärte Übungen und Wissen drum herum.
Und was wir besonders wichtig finden: Es geht ihr nicht nur darum zu üben die Beckenbodenmuskeln gut anspannen zu können, sondern bei ihr steht auch das Wahrnehmen und Entspannen der Muskulatur immer wieder im Vordergrund. Das ist wichtig, weil bei vielen von uns die Beckenbodenmuskulatur durch Stress, falsche Haltung und falsch verstandenes Training dauerhaft angespannt ist.

„Mit Pussy Yoga können wir lernen, uns bewusst zu entspannen und so aus einem Zustand der Leichtigkeit heraus zu handeln. Studien belegen, dass unsere wahre Kraft in der Ruhe liegt und dass unbändige Lust, Inspiration und Energie, unsere Vorhaben hoch motiviert durchzuziehen, nur aus unserem Inneren kommen können, wenn wir entspannt sind.“

Vulva Liebe

Buchtitel Liebe deine Vulva!
Vulva Liebe

 

„Liebe deine Vulva“ von der Gynäkologin Katharina Stör ist eine neue Entdeckung, die schon seit einigen Wochen in meinem Bücherregal steht. Als ich dann endlich reinschaute, war ich entzückt und wollte nicht mehr aufhören zu lesen!

Das Buch ist eine Liebeserklärung an die Vulva, geschrieben von einer Gynäkologin, die den meisten ihrer Patientinnen erstmal erklären muss, was eine Vulva überhaupt ist.
So beginnt das Buch auch mit den Sätzen: „Seit langem juckt es mich an der Vulva, über die Vulva zu reden und zu schreiben. Diese Welt hat ein großes Vulva-Manko. … Obwohl die meisten Frauen gar nicht wissen, was sie zwischen den Beinen besitzen, und obwohl es die meisten Frauen gar nicht stört, dass sie nicht wissen, was sie zwischen den Beinen besitzen: die Vulva existiert.“

Katharina Stör berichtet immer wieder aus ihrer Praxis: von den Frauen, die aufgewachsen sind in einer Welt des Unwissens um die weibliche Sexualität und der absurden Erwartungen wie eine Frau zu sein hat. So berichtet sie zum Beispiel von ihrem Gespräch mit dem Vertreter von Intimlotions, der ihr aus tiefster Überzeugung zu erklären versucht, dass solche Lotions die Vagina (eine Vulva kennt er auch nicht) aufwerten und dass sich Frauen heute intime Makellosigkeit wünschen.

Am Ende vieler Kapitels gibt es einen kleinen Merksatz, wie es eigentlich sein sollte. Zum Beispiel zu diesem Kapitel: „Bitte merken: Die Reinigung mit Wasser im Intimgebiet reicht – mit einem sanften Abwischen oder Abbrausen von der Klitoris Richtung Po. Seifen und Pflegemittel stören die natürliche Flora von Vulva und Vagina, die für die Immunität sehr wichtig ist.“

Das Buch behandelst verschiedenste Themen, von Intimrasur über Zyklus, Menstruation und Wechseljahre bis zum Sex und Kinder(nicht)wunsch.

Nur zur Bedeutung der Vagina haben wir, als Orgasmic Woman, eine andere Auffassung als die Autorin, die schreibt: „die Vagina ist nur der circa zehn Zentimeter lange muskuläre Tunnel, der Vulva und Gebärmutter verbindet.“ Das stimmt zwar anatomisch, dennoch ist unserer Meinung nach das „nur“ nicht gerechtfertigt, denn auch die Vagina kann und darf eine große Rolle in unserer Sexualität spielen.
Aber nichtsdestotrotz wünsche ich mir viel mehr Gynäkologinnen wie diese und kann ihre Liebeserklärung an die Vulva nur wärmstens weiterempfehlen!